Im Gespräch mit Tobias Siegert geht es bei uns in der zweiten Episode der Podcastreihe draußen arbeiten um den Baum. Genau genommen um die Baumpflege und dazu hat Tobias als einer der Geschäftsführer der Nürnberger Baumpflege einiges zu sagen. Etwas weniger romantisch als erwartet, aber dennoch sehr charmant, erfahren wir, dass der Quereinstieg bei der Seilklettertechnik eher der Normalfall ist und insofern offen für alle Menschen, die sich ein arbeiten in der Höhe vorstellen können – inklusive Sinnhaftigkeit! Denn Bäume in der Stadt leben deutlich länger, wenn sie gut gepflegt werden.
Dazu da leicht überarbeitete Transkript zum Nachlasen:
Marcus: Schön, dass wir uns heute versammelt haben, hier wieder per remote. Heute erfahren wir so ein bisschen was über die Baumpflege. Ich bin persönlich schon super gespannt, weil Bäume, ja, das ist ja was ganz besonderes in dieser Welt, in der wir leben. Erzähl doch mal kurz, was macht ihr denn da anBaumpflege?
Tobias: Ja, also, wir sind natürlich als Baumpfleger, es wird auch öfter mal missverstanden, nicht im Wald tätig, sondern tatsächlich die Arbeit, die wir machen als Baumpflege, ist nicht, den Baum oder zu schneiden oder zu fällen aus Sinne der Holz Gewinnung, sondern aus Gründen der Verkehrssicherheit. Das heißt, wir arbeiten in urbanen Bereichen, in der Stadt, in Dörfern, also überall da, wo Bäume die Verkehrssicherheit beeinträchtigen, und das heißt, wir pflegen, schneiden und fällen dann manchmal eben auch Bäume, aber das hauptsächlich in der Stadt. Entweder mit Arbeitsbühnen oder eben auch mit Kletteren, und dann gibt’s dann auch paar so Sondermaschinen, die Fällkräne.
Marcus: Das klingt ja im ersten Moment relativ technisch. Ist es denn so, dass die Leute, die bei euch arbeiten, auch so, ich sage jetzt mal so, einen Bezug zum Baum haben?
Tobias: Natürlich. Also, die Baumpflege selber ist ja natürlich oder nicht natürlich, sondern es ist kein Ausbildungsberuf. Das heißt, die Zugänge selber zum Baum sind entweder Leute, die schon aus dem Forst oder aus dem grünen Bereich kommen. Aber, und dafür ist die Baumpflege dadurch, dass eben kein Ausbildungsbereich ist, durch dieses Zertifizierungssystem auch sehr geignet für Quereinsteiger, und wir haben im Unternehmen Informatiker, Mediengestalter und so weiter, die vom Büro aus ins Grüne wollen und natürlich schon Bezug haben zum Baum. Also ja klar, wir haben auch Leute, die vom Baum oder wieder zum Baum wollen.
Marcus: Viele Bäume sind ja älter als wir beide zusammen, aber trotzdem ist es ja so, dass gerade wenn wir darüber sprechen, Straßen, Städte – da gibt es ja häufig auch Pflanz-und Baumkonzepte. Würdest du sagen, dass da eine Bewegung ist? Hat sich da was verändert in den letzten Jahren, was die Baumkultur angeht?
Tobias: Ja, klar, natürlich, wir merken das aus mehreren Richtungen. Die Richtung eins natürlich, dass der Zeitgeist richtigerweise im Moment viel mehr auch der öffentliche Druck, das öffentliche Interesse dahin zeigt, dass man eben das Grüne erhalten und pflegen möchte. Der Bürger, der Wähler fordert, dies auch ein. Dementsprechend haben wir auch mehr, auch gerade auf vor allen Dingen als kommunaler Ebene, mehr Geld zur Verfügung. Es wären mehr Gelder bereitgestellt, die teilweise aus bürokratischen oder sonstigen Gründen gar nicht abgerufen werden. Und der nächste Punkt ist, wo die Baumpflege natürlich einen großes Boom erfährt, ist die Verkehrssicherungspflicht, und die Rechtsprechung, und die Awareness eben, dass man sich um Bäume kümmern muss. Im Sinne der Verkehrssicherungspflicht hat die Baumpflege gerade in den letzten sieben bis zehn Jahren noch mal einen erheblichen Aufschwung erfahren, und das merkt man natürlich auch in dem kompletten Berufsbild.
Marcus: Wenn ihr da einen Aufschwung erfahren habt, dann habt ihr, ich meine, das kann man ja übersetzen, in mehr Arbeit. Habt ihr genug Hände für eure Arbeit.
Tobias: Das ist natürlich auch mehr oder weniger das Handwerk, das heißt, wir haben, wie alle anderen Bereiche auch, mehr Arbeit, als wir stemmen können. In der Baumpflege ist trotz alledem immer noch der kleine Kampf der Qualitätsfirmen, wie man nennen, und der der vielleicht nicht so qualitativen Firmen, dass die Kommunen, Auftraggeber noch mehr dahin sollten, oder auch, was die Berufsverbände fordern, qualitativ hochwertige Firmen zu nehmen. Aber da muss man natürlich auch sagen, die sind noch zu rar gesät und wir merken es auch. Natürlich unser Anspruch, auch mit Fachmitarbeitern zu arbeiten, und klar, wie jeder Bereich im Handwerk oder man anpacken muss, haben wir akutes Problem, Mitarbeiter zu finden, und könnte natürlich viel mehr machen, aber es ist begrenzt durch die Mitarbeiter.
Marcus: Ja gut, wenn man keine Mitarbeiter hat oder nicht genug, dann, dann muss man halt schauen. Ich bin ja ein großer Freund der Begeisterung. Ich sage mir immer, wenn ich was will, dann muss ich andere dafür begeistern können, mitzumachen. Gibt es irgendwas, wo du sagen würdest, Baumpflege ist eigentlich auch echt geil, da muss man einfach auch mal drüber nachdenken, sich über so einen Beruf Gedanken zu machen. Also gehst du manchmal selber noch auf den Baum oder lässt du nur Bäume pflegen? Macht das Spaß?
Tobias: Natürlich also vorab zu mir. Mich sieht man bis auf vielleicht manchmal auf Lehrgängen bei uns hier an der nürnberger Schule, eher selten auf der Arbeitsbühne oder auf dem Baum. Aber klar, der Zugang zur Baumpflege. Wir haben natürlich einige, die sehen, und da ist natürlich dieses Baumklettern erheblicher Treiber, dass wir Leute sehen, die zum Beispiel aus dem Fels klettern oder Boden kommen und sehen, aha. Und dann auch noch was, was an sich sinnvoll ist, nämlich Grün und Bäume zu pflegen – verbinden mit Sport oder mit Klettern, mit einem technisch anspruchsvollen und auch anerkannten Beruf, ist gerade dieses Baumklettern, diese Seiltechniken ein sehr guter Ansatz, um Quereinsteiger zu finden, die wieder vielleicht mehr raus in die Natur wollen und auch einen anspruchsvollen technischen Beruf dazu haben wollen, der auch auf Sinn macht.
Marcus: Ja, gut, ich meine, dann hast du natürlich die, die mit der Gefahr nichtes zu tun haben und sagen, nee, also, ich traue mir das schon zu, in schwindelerregender Höhe dort was zu tun, und sei es nur oben, eine Glocke anzuhauen in der Halle. Aber wenn ich natürlich dabei dann auch noch einen Baum vielleicht so pflegen kann, dass er vielleicht noch 30 Jahre mehr macht, das kann ich mir auch schon, ich sag mal, befriedigend vorstellen. Trotzdem ist das ein gefährlicher Beruf oder nicht?
Tobias: Natürlich ist es so. Immer, wenn man in Höhen arbeitet, ist es gefährlich, und gerade in der Seilklettertechnik bei Bäumen ist die Besonderheit, dass man das Festmacht an Ankerpunkte jetzt im Vergleich zu den Industriekletterern, die nicht normiert sind, die nicht jährlich überprüft werden können, so das ist natürlich, man immer das Risiko auf Mindestmaß versucht zu reduzieren, aber gerade dort eben, wo man die Seile befestigt, also diese Ankerpunkte, das sind jetzt bei der Seilklettertechnik natürlich die Größeren oder die, die mit die größte Gefahr, wo man auch jetzt versucht, ein zusätzlichen Kursen, so ne Baumansprache, Gefährdungsbeurteilung, das zu vergessen, um die Unfälle zu minimieren, und was bei der Baumpflege auch bei größeren Schnittmaßnahmen zum Einsatz kommt, ist natür die Motorsäge. Und klar, auch da passieren Unfälle, und da muss man immer eben mit sehr, sehr regelmäßigen Schulungen, Fortbildungen und so weiter reagieren, weil das ist tatsächlich die Baumpflege, die sehr, sehr schulungs undUnterweisunglastik, um die Arbeitssicherheit-Ansprüche gerecht zu werden. Und ohne Zweifel ist es ist nicht, es ist kein Bürojob.
Marcus: Ja gut, aber das ist ja erst mal positiv zu sehen. Draußen arbeiten, darum geht es ja bei uns, das ist ja erst mal gut. Nur, wenn ich natürlich das Stichwort Kettensäge höre, dann höre ich natürlich auch im zweiten Schritt, das ist eben auch ein Job, wo man auch ein bisschen über den nächsten Handgriff nachdenken muss. Also, das ist jetzt nicht für so ein Hau-drauf-Kumpel gedacht, sondern das ist jetzt wirklich auch ein Job, wo man eine gewisse Intelligenz braucht.
Tobias: Absolut ja, also man muss sich, es ist nicht nur Action der Job, sondern man muss sich erstens Gedanken machen, an welchen Baum man sich hängt oder wie man seinen Hubsteiger aufstellt, und es ist natürlich auch sehr wichtig, welchen Ast man abschneidet im Sinne des Baumerhalts. Also, es ist eben, und es wird auch öfters bei uns in der Szene vergessen. Es ist eben kein Höhen-Arbeitsjob, sondern das Klettern auf den Baum oder dorthin zu kommen, ist nur Mittel zum Zweck, und der Sinn ist natürlich die Baumpflege, und ja, wir kennen auch Mitarbeiter oder aus Kursen die wir veranstalten. Leute, die zu engagiert sind, sind manchmal eine leichte Gefahr für sich selber, und das ist auch wichtig, die dann von den Bauleitern oder Vorgesetzten etwas einzubremsen.
Marcus: Hast du denn ein oder zwei Argumente auf der Hand, wo du sagst, Leute, wenn ihr schwindelfrei seid, guckt euch das Mal an. Wir haben ja auch Lehrgänge, wir nehmen Quereinsteiger. Das könnte vielleicht auch für dich ein Job sein hast. Hast du da ein, zwei Sachen,die du da nennen kannst?
Tobias: Also klar, bei uns in einer Nürnberger Baumpflege ist die ganz große Besonderheit, dass zu unserer Firmengruppe auch die nürnberger Schule gehört. Deutschlands größte Fort- und Weiterbildungseinrichtung für Baumpfleger. Das heißt, die Ausbildung kosten natürlich Geld, und deshalb ist es auch immer eine sehr große Investition für Firmen, ihre Mitarbeiter fort- und weiterzubilden. Da gibt es dann gewisse Regelungen, wie man sowas abfedert, beteiligt und so weiter. Bei uns im Unternehmen ist es bisschen anders, wie bei anderen bei uns es tatsächlich so, die Mitarbeiter kriegen jeglichen Lehrgang bezahlt, und in der Regel, wenn sie dann einen Lehrgang bestehen, kriegen sie auch etwas mehr Geld, weil sie dann auch natürlich anders eingesetzt werden können. Wir bezahlen alle Lehrgänge ohne jegliche Bindung, sondern unser Anspruch ist eben, ein Arbeitsplatz zu bieten, wo die Leute aus freien Stücken und nicht auf sonstigen finanziellen Verpflichtungen bleiben. Und klar, wir fordern natürlich auch, es ist anstrengender Job im Winter, wenn es regnet, auch dann muss man raus. Aber für Leute, die Bock haben, draußen zu sein und und auch komplexe Geschichten zu machen, sind wir, denke ich, da ein ganz guter Arbeitgeber, und die Größe und auch die Manpower, die unser Unternehmen hat, in Deutschland, ist relativ einmalig, was natürlich auch ein Zeichen ist, dass es bei uns ganz gut auszuhalten ist, und das sagen auch unsere Mitarbeiterumfragen und Fluktuationszahlen, dass wir doch im Branchenvergleich sehr, sehr gut dastehen, was uns auch viel wert is.
Marcus: Wenn ich jetzt mal kurz addiere: Baumpfleger, Arbeitgeber, Manpower, wie ist es denn mit der Diversität inzwischen in dem Bereich? Freut ihr euch auch, wenn jemand sagt, ja, gut, ich bin jetzt nun mal kein Mann, aber ich kann da trotzdem.
Tobias: Männer sind natürlich noch deutlich überrepräsentiert. Wir haben auch Frauen im Unternehmen, die klettern, die der Motorsäge arbeiten. Das ist überhaupt überhaupt nicht ausgeschlossen, dass die jetzt arbeiten können. Wir freuen uns auch, wenn wir weibliche Kollegen einstellen können, aber nach wie vor, da geht es natürlich schon in der Ausbildung los, sind die noch unterrepräsentiert? Wir haben auch, und das ist dann auch immer die Frage, wie es ankommt, weil das natürlich auch wieder es teilweise sogar zu Kritik geführt hat. Wir haben auch schon Motorsägen Kurse speziell für Frauen angeboten, wo die auch sehr, sehr gut angenommen worden sind, aber teilweise auch tatsächlich zu Kritik geführt hat. Aber wir probieren da verschiedene Konzepte aus, um auch dort Frauen mehr ins Unternehmen und in die Kurse zu bekommen. Da muss man viel probieren, kann manchmal zur Kritik aufführen. Aber bisher läuft es ganz gut, und im Moment haben wir drei, vier weibliche Baumpfleger auch bei uns im Unternehmen.
Marcus: Ja gut, wer viel macht, macht auch schon mal was verkehrt. Ich glaube, es geht vor allem darum, einfach die Notwendigkeiten zu erkennen und dann sich dem Problem mit Lösungsansätzen zu nähern, und wenn dann einer oder eine mal unglücklich ist, dass das jetzt politisch halb korrekt nur war, da muss man halt den nächsten Schritt gehen. Aber ich glaube, das, was ihr da vorhabt, das ist alles schon wunderbar. Hast du, wir sind eigentlich schon ein bisschen am Ende, sind sogar schon über der Zeit. Hast du irgendwas, was du noch ergänzen willst zum Thema Baumpflege, speziell was euch angeht?
Tobias: Also. wir suchen natürlich Mitarbeiter, Quereinsteiger, fertig ausgebildete Baumpfleger, freuen uns über jede Bewerbung. Wir sind ja über Deutschland verteilt und Hauptsitzes in Nürnberg, haben aber auch Niederlassungen in Bielefeld, in Remscheid, Düsseldorf in dem Gebiet und Leipzig, Berlin und würden uns natürlich freuen, wenn Leute gerne bei uns mit uns in Kontakt treten oder sich auch zum Baumpfleger weiterbilden wollen.
Marcus: Super. Du, ann sage ich erst mal an dieser Stelle vielen, vielen dank. Das ist ja unser erstes und bei weitem nicht unser letzter Call hier zum Podcast. Wir werden in nächsten Wochen da noch mal uns zusammenfinden. Du aber bis dahin erst mal dir alles Gute und vielen Dank!
Tobias: Alles klar, bis dann!